Von St. Matthias in alle Welt

Mehr als 300 Besucher bei den Vorträgen zu den weltberühmten Mattheiser Handschriften

news7_Im Mittelalter war die Bibliothek von St. Matthias weit über die Wirkungsgrenzen des Klosters bekannt. Die „Trierer Apokalypse“, zahlreiche Werke der Hildegard von Bingen, Texte zur Literatur der Antike, zur Rechtskunde und Medizin, sind nur einige Beispiele. Auch die älteste heute in Trier liegende Handschrift des Mittelalters, ein Kodex aus dem Jahre 719, stammt aus St. Matthias. Durch die Säkularisierung um 1802 war der Bestand aufgelöst und die Werke weltweit zerstreut worden. Heute sind 25 Standorte bekannt, 412 der Handschriften konnten gerettet werden, die meisten von ihnen sind in Trier in den Archiven der Stadtbibliothek und der Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars gelagert, andere befinden sich in Gent, Edinburgh, Wien und sogar New York. Zur Zeit werden diese Bestände digtitalisiert an den jeweiligen Standorten und können virtuell wieder zusammengeführt werden.

Dies war der Anlass für die St. Matthias Stiftung und die Stadtbibliothek Trier gemeinsam zu einer Vortragsreihe zu an vier Mittwochabenden im Herbst den Vorträgen zu laden.

Dr. Kurt Gärtner von der Universität Marburg sprach zu den Handschriften des Hoheliedkommentares des Williram von Ebersberg, von denen sich auch ein Exemplar in der Bibliothek von St. Matthias befand, stellte einen Stammbaum vor, über die Verteilung und Verbreitung der verschiedenen Abschriften, Ergänzungen und Kommentare dieser Handschrift.

Ebenfalls an der Universität Marburg forschte Prof. Dr. Reiner Hildebrandt über die „Physika“ der Hildegard von Bingen und stellte Ergebnisse seiner Arbeit vor, sprach über die Abschriften und Kopien dieses Werkes, Hildegard von Bingen hatte starke Beziehungen zu St. Matthias, Schreiber von dort sollen für sie Texte ins Lateinische übersetzt und niedergeschrieben haben. Noch heute sind Briefwechsel der Hildegard von Bingen mit den damaligen Abt von St. Matthias vorhanden.

Prof. Claudine Moulin und Prof. Michael Embach stellten den Stand der Digitalisierung der vielen Handschriften von St. Matthias vor. In diesem Projekt des Historisch-Kulturwissenschaftlichen Forschungszentrums“ (HKFZ) führen die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diese Mittelalterliche Bibliothek „virtuell“ wieder zusammen. So entsteht eine Vorstellung von der alten Klosterbibliothek, so wie sie ursprünglich war. Damit erschließt sich der geistige Horizont dieses bedeutenden Bildungszentrums des Mittelalters. Das Projekt „Virtuelles Skriptorium St. Matthias“ zeigt exemplarisch, welche Chancen die heutige Informations- und Mediengesellschaft bietet, um Zukunftstechnologie und kulturelles Erbe sinnvoll miteinander zu verbinden.

Abschluss der Vortragsreihe war ein Eintauchen in die Trierer Apokalypse – ein Vortrag von des Tübinger Professors Dr. Peter K. Klein am 19. Oktober. Er entführte die Zuhörer auf eine spannende Reise zu verschiedenen Ausgaben, Kopien und Vergleichen von Werken, die mit der reichbebilderten Ausgabe der Trierer Apokalypse in Verbindung stehen oder stehen könnten. Er versuchte die Herkunft des Werkes einzuordnen, in dem er verschiedene Abschriften aus jener Zeit miteinander verglich. Ob jedoch die Trierer Apokalypse, wie häufig vermutet, wirklich Frankreich stammt, werde immer unwahrscheinlicher, erläuterte Prof. Dr. Klein – es gebe auch starke Ähnlichkeiten mit Handschriften aus dem heutigen Italien.